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  • AutorenbildJule Detlefsen

Role Model: "Ich saß einfach nur da, dachte nach, siebte meine Gedanken durch und ordnete meinen Kopf ein wenig"

Jule Detlefsen im Interview mit Role Model

Credits: Daniel Prakopcykl


Während Role Models Debütalbum "Rx" nur so vor Verliebtheit und Hoffnung sprühte, folgt mit seinem zweiten Album "Kansas Anymore" nun die logische und leider realistische Konsequenz. Auf insgesamt 13 Tracks bekommen wir einen tiefen Einblick in das gebrochene Herz des Musikers und seinen Weg mit einer öffentlichen Trennung umzugehen.


Gemeinsam haben Role Model und ich auf seine letzten Monate zurückgeblickt, alleine sein als Superpower definiert, stumpfe Männlichkeit hinterfragt und Joggen ohne Musik als Self Care identifiziert. Neben all den schweren Themen haben wir es uns aber auch nicht nehmen lassen über sein TikTok Alter Ego saintlaurentcowboy, hot girl summer oder Dating Tipps von Tuckers Dad zu sprechen.


Ich glaube ja, dass auch Männer einen kleinen Hot-Girl-Summer haben können. Was sind drei Dinge in deinem Hot-Girl-Summer-Starter-Kit?


Das ist eine gute Frage. Ich habe das Gefühl, einen Hot-Girl-Summer zu haben. Vielleicht Shorts, die zu kurz sind? Vorzugsweise Denim. Ich glaube, ein paar kleine slutty Baby-T-Shirts. Ebenfalls zu kurz bzw. klein für mich. Und einen Iced Americano.


Drei sehr gute Sachen.


Die sind auch auf der Liste von brat summer, glaube ich.


Das dachte ich auch gerade. Wir haben den Hot-Girl-Summer, wir haben brat summer und ich glaube, der „Saintlaurentcowboy-Summer“ könnte auch etwas sein.


Das ist gut, das gefällt mir.



Kommen wir jetzt zu etwas ernsteren Fragen. In deinem Song „Scumbag“ singst du „I'm hardly a man“ Wie definierst du persönlich Männlichkeit für dich, und wie hat sich diese Definition im Laufe der Zeit verändert?


Ich glaube, ich habe auf jeden Fall mit einem Klischee im Video gespielt. Wir haben das Video dafür in Maine gedreht und in jeder Szene, in der ich in dieser Zeile singe, drücke ich meine kleinen dürren Arme zusammen und versuche, sie zu flexen. Ich bin damit aufgewachsen, dass mein Vater bis heute ein „richtiger Mann“ ist, was auch immer das bedeutet. Er ist auf jeden Fall ein amerikanischer Mann, der Trucks und Waffen und so liebt. Ich habe nie eine persönliche Beziehung dazu gehabt, während ich aufgewachsen bin. Ich liebe meinen Vater, aber meine Mutter stand mir immer näher, und ich hatte das Gefühl, dass ich mit ihr besser reden und sie mich besser verstehen konnte. Aber es war interessant, mit dieser Repräsentation & Darstellung eines Mannes aufzuwachsen. Aus irgendeinem Grund fühlte ich mich nie davon angezogen und ich musste meinen Vater auch nie irgendwie beeindrucken. Ich habe in dieser Hinsicht eher zu meiner Mutter aufgeschaut. Ich hatte nie das Gefühl, dass ich die Rolle eines traditionellen Mannes ausfüllen muss.


Ich finde, man merkt sofort, wenn Männer eine gute Beziehung zu ihrer Mutter oder Schwester haben. Dann sind sie direkt irgendwie viel weicher und emphatischer.


100% - von klein auf habe ich meiner Schwester von meinen Crushes erzählt und sie um Rat gebeten. Ich habe auch noch einen Bruder. Aber wenn es um Ratschläge ging, waren es immer meine Schwester oder meine Mutter.


Du hast deinen Vater bereits erwähnt. Im ersten Song des Albums „Writing's on the wall“ singst du darüber, dass dein Vater dir Ratschläge im Bereich Dating gibt. Was war der beste Dating-Advice, den er dir je gegeben hat? Und was war der schlechteste Ratschlag, den er dir je gegeben hat?


Das ist großartig. Das sind wirklich gute Fragen. Um ehrlich zu sein, ging es bei diesem Chorus mehr um meine Mutter. Aber mit meinen Eltern ist es so, dass ihre Antwort auf alles immer ein Ratschlag ist, auch wenn man das eigentlich gar nicht will. Manchmal redet man mit ihnen und will einfach nur gehört werden. Aber bei meinen Eltern endet es immer damit, dass sie einem Ratschläge geben, um die man nicht wirklich gebeten hat. Aber ich weiß nicht, ob ich meinen Vater um Ratschläge fürs Daten bitten würde.


Ja, ich auch nicht, um ehrlich zu sein. Aber um den saintlaurentcowboy zurückzubringen, welchen Dating-Rat würde er dir geben?


(lacht) Weißt du, ich bin irgendwie im Streit mit ihm. Ich und er kommen nicht wirklich gut miteinander aus. Wenn er mir also Dating-Advice geben würde, dann wäre das wahrscheinlich so eine Art hinterhältiger Diss oder so. Ich glaube, wenn ich zum saintlaurentcowboy gehen würde und sagen würde: „Hey, ich mag die und die. Hast du irgendwelche Ratschläge?“ Würde er einfach in deren DMs sliden.



Ach, so ein Idiot. Aber wenn wir schon über Liebeskummer reden. Ich habe das Gefühl, dass bei Frauen so viel darüber gesprochen wird, wie man damit umgeht, wie man sich damit fühlt, mit wem man darüber reden kann, etc. Aber bei Männern habe ich das Gefühl, dass nicht so viel oder so tiefgründig darüber geredet wird, und das macht es auf lange Sicht vielleicht schwieriger, damit umzugehen. Welchen Rat würdest du Männern geben, die Liebeskummer haben oder etwas Ähnliches durchmachen?


Ich bin anfangs ziemlich ungesund damit umgegangen, aber ich glaube nicht, dass es nur meine Schuld war. Zu der Zeit hatte ich wirklich niemanden in LA. In den ersten paar Monaten habe ich das also alleine durchgemacht.


Nach ein paar Monaten dachte ich: „Ich kann mein Leben so nicht mehr leben. Kein Mensch sollte so leben“. Ich habe einfach nichts mehr gemacht. Ich blieb drinnen oder hörte nur noch Musik. Ich musste mein Leben ändern und tatsächlich sozial sein, also Freunde finden. Ich habe mir dann einfach die Mühe gemacht, ein paar alte Freunde anzusprechen, die ich im Laufe der Jahre in L.A. kennengelernt hatte. Daraus ist nun eine wunderbare Freundesgruppe entstanden, die ich fast jeden Tag sehe. Das hat mir mehr geholfen als alles andere.


Ich würde also sagen: Push. Wenn du so bist wie ich, mach es einfach, streng dich an und bemühe dich, Freunde zu finden. Du musst das nicht alleine durchstehen. Ich denke, es ist sehr wichtig, sich mit Menschen zu umgeben, die sich um dich kümmern und dich lieben in dieser Zeit.


Aber wenn du zurückblickst, hast du das Gefühl, dass du diese Zeit allein gebraucht hast, um zu diesem Punkt von „ich muss mich jetzt zusammenreißen“ zu kommen?


Ich denke, es ist gesund alleine zu sein. Ich glaube, jede:r sollte generell mehr Zeit allein verbringen, denn das hilft einem sehr, besonders in solchen Situationen. In dieser Zeit habe ich auch das Album gemacht. Das war etwas Therapeutisches für mich.


Ich glaube, Leute sind manchmal zu schnell, wenn ihnen etwas Traumatisches widerfährt und sagen sofort: „Ich muss mir Hilfe holen, irgendwelche Leute um mich herum haben, die mir sofort helfen“. Wenn man Freude im Alleinsein und Geborgenheit in sich selbst finden kann, dann ist das eine wahre Superkraft, die man ein Leben lang beibehalten sollte.


Credits: Daniel Prakopcykl


Es ist so ein schönes Gefühl, auch alleine ganz und vollständig zu sein. Dann sind alle anderen Menschen im Leben nur noch eine Art Zusatz zu dem eigenen Glück.


Es ist wirklich wie eine Superkraft. Besonders in sozialen Situationen. Wenn man sich selbst liebt, gern Zeit mit sich selbst verbringt und sich wohlfühlt, allein zu sein, dann hilft das einem enorm. Wenn ich mich dann in solchen Situationen nicht mehr wohlfühle, ist das Schlimmste, was passieren kann, dass ich mich in meine Wohnung oder mein Haus zurückziehe und ein bisschen allein bin. Das gibt mir ein soziales Selbstvertrauen.


Ich mag den Begriff Superkraft, der beschreibt es sehr gut. Aus Liebeskummer oder einer Trennung kann man ja auch ziemlich viel über sich selbst lernen und daraus wachsen. Was hast du über dich selbst gelernt?


Ich würde sagen, alle meine Schwächen und Unvollkommenheiten. Ich glaube, dass ich viele davon schon kannte, aber es hat mich definitiv dazu gezwungen, mich sich ihnen zu stellen.

Aber ich denke auch, dass es beruhigend war, das Album in diesen Monaten zu machen, in denen ich die Trennung durchgemacht habe. Ich war noch nie ein wütender Mensch. Ich habe wirklich keine Wut in mir. Selbst wenn jemand mir das Herz bricht oder irgendeine Beziehung zu Ende geht, verspüre ich einfach keine Wut. Es war beruhigend, dass alles beim Schreiben für dieses Album im Großen und Ganzen sehr respektvoll und nostalgisch war und in einem positiven Licht zurückblickt.


Man wird ein bisschen ohnmächtig, wenn man 13 Songs hintereinander schreibt. Aber es ist cool, wenn man am Ende aufwacht und denkt: „Oh, vielleicht kannst du auf das Ganze auch in einem positiven Licht zurückblicken und glücklich sein, dass es passiert ist".



Als ich mir das Album angehört habe, dachte ich immer: "Ey, der redet sich in seinen Texten die ganze Zeit selbst klein". Ich glaube, Self Care und eine genügsame Wahrnehmung der eigenen Person sind so wichtig für den Heilungsprozess nach einer Trennung. Welche Rolle hat Selbstfürsorge in deinem Heilungsprozess gespielt?


Wahrscheinlich eine kleinere (lacht). Ich bin ich eine sehr selbstkritische Person und das kommt dann zwangsläufig in den Texten durch. Aber es ging mir hier mehr darum, sich zu entschuldigen und zu sagen, dass es mir leid tut, obwohl niemand etwas falsch gemacht hat.


Für mich bedeutet Self Care - es tut mir leid, dass ich das immer wieder zu diesem Punkt zurückgehe - gerne allein zu sein und produktive Zeit mit mir selbst zu verbringen. Ich habe angefangen zu joggen wie ein Verrückter in der Zeit. Jeden Morgen lief ich, bis ich nicht mehr konnte und das ohne Musik. Ich saß einfach nur da, dachte nach, siebte meine Gedanken durch und ordnete meinen Kopf ein wenig.


Das klingt großartig. Das sollte ich auch mal ausprobieren. Ich denke, du kannst dich ein bisschen mehr um dich selbst kümmern. Du hast es dir verdient.


100% - das steht auf meiner Liste an Zielen für 2024.

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