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AutorenbildClara Wiegand

PANTHA: "mutig, bunt und ausgecheckt"

Clara Wiegand im Interview mit der Musikerin PANTHA anlässlich ihres EP-Releases "Galerie"


credits: Joe Jäger


PANTHA nimmt in ihren introspektiven Texten kein Blatt vor den Mund und lässt uns an ihren  innersten Gedankengängen teilhaben. Ihre Songs kommen mit Ansage und trotz pessimistischer  Anmutung wohnt ihrer Musik Behaglichkeit inne. Es ist als würde sie sagen, hey, du bist nicht  allein, ich struggle auch und es ist völlig okay das laut auszusprechen. Sie packt ihre Struggles  in multiinstrumentale Melodien und vielschichtige Beats ein, um sie selbstermächtigt mit der  Welt zu teilen. Im Interview hat mir die 25-jährige erzählt, was sie von Genregrenzen hält, wie  ihr Sound zustande gekommen ist und was sie ihrem jüngeren Selbst heute gerne sagen würde.  


Hi PANTHA. Ich finde, dass man deine Musik nicht wirklich einem bestimmten Genre  zuordnen kann. Du hast es mal als Darkpop beschrieben. Würdest du das immer noch so  bezeichnen? 


Tatsächlich würde ich das am liebsten gar nicht bezeichnen aber Leute mögen es einfach sehr  gerne Sachen zuzuordnen und ich glaube deswegen habe ich das damals so tituliert. Am liebsten  würde ich meine Musik keinem Genre zuordnen. Für den Kommerz würde ich sagen, der äußere  Rahmen ist Pop. 


Das kann ich sehr gut verstehen. Heutzutage muss man auch irgendwie in eine Kategorie  passen, um stattfinden zu können, was ich total schade finde. Ich finde es gerade cool, sein  eigenes Ding durchzuziehen, wie du das gerade machst. Daran schließt auch meine nächste  Frage an: Wie bist du an den musikalischen Punkt gelangt, an dem du gerade bist? 


Meine Eltern sind beide klassische Musiker:innen. Ich habe mit fünf angefangen Klavier zu spielen.  Dann habe ich noch Querflöte gespielt, mir Gitarre selbst beigebracht und gleichzeitig immer gesungen. Das wollte ich aber alles auf gar keinen Fall beruflich machen, weil ich gesehen habe  was für ein Hustle das bei meinen Eltern ist und wieviel man reininvestieren muss, um eine  Stelle zu bekommen. Deswegen hatte ich darauf gar keinen Bock und natürlich auch aus so  einer Rebellion heraus. Nach der Schule wusste ich aber nicht, was ich machen soll und habe  gemerkt, dass ich Musik trotzdem auch sehr geil finde und irgendwie auch nichts anderes kann.  Daraufhin habe ich in Köln an der Hochschule Jazz studiert und hab das dann zu Corona  abgebrochen. Dann bin ich viel nach Mannheim gependelt und habe da Sessions gemacht und  bin so langsam in die Branche reingesneakt.  



PANTHA war ja am Anfang ein Pseudonym unter dem du sowohl HipHop gemacht als auch für HipHop-Artists geschrieben hast, oder? 


Ja genau, das mache ich auch immer noch. Ich bin großer Fan von HipHop und dieser ganzen  Kultur. Ich bin ja eher durch Jazz und Klassik geprägt, was allgemein intellektueller konnotiert  ist, und ich wollte etwas machen, was gar nichts damit zu tun hat. Ich wollte Grenzen testen  und ich glaube deswegen habe ich mich so in HipHop reingeschmissen. Das wollte ich erstmal  unter einem Alter Ego machen, weil ich auch nicht wollte, dass meine Eltern das rallen, weil  ich nicht wusste, was die dazu sagen, wenn ich da jetzt auf einmal rappe. Dann wurde das ganze  aber immer mehr zu dem Projekt, was ich haben wollte und wie es jetzt ist.  


Ziehst du für deine jetzige Musik Inspirationen aus Klassik, HipHop und Jazz? 


Definitiv! Daher, dass ich das so viel gehört und selbst gemacht habe, lebt das die ganze Zeit in  mir. Egal was ich mache, das fließt mit rein, da es ja auch ein Teil von mir ist. Ich kann aber  auch bewusst sagen: Okay, hier wäre eine Stelle passend, an der die Flows ein bisschen cooler 

sind oder hier wäre eine Stelle, an der man noch Akkorde einsetzen könnte. Aus der Klassik  ziehe ich Arrangements, Stimmführung und Phrasierungen. Da kann ich mich mittlerweile gut  von bedienen und das macht sehr viel Spaß.  


Ich finde man hört diese Vielschichtigkeit auch in deiner Musik. Wenn du jetzt deine Musik in  drei Worten beschreiben müsstest, welche wären das? 


Ich würde sagen: mutig, bunt und ausgecheckt. Später denke ich mir bestimmt so, boah, warum  hast du das oder das nicht gesagt. 


Aber das ist ja eigentlich genau das Schöne. Das sind die Worte, die dir intuitiv als erstes in den  Sinn gekommen sind.  


Ja, das war auf jeden Fall sehr intuitiv! 


credits: Artowor


Du hast letztens auf Instagram geteilt, dass du das Sample von deinem Song Galerie selbst  gemacht hast und ich hatte allgemein das Gefühl, dass du immer mehr selbst produzierst. Ist  das was Neues für dich und wirst du da in Zukunft noch mehr machen? 


Ja! Also das Ding ist, mein Freund, den ich seit vier Jahren habe, ist Produzent. Deswegen ist  das Produzieren mein ständiger Wegbegleiter und ich habe immer mehr über Mixing usw.  gelernt. Da war es irgendwie nur eine Frage der Zeit, bis ich auch selbst anfange. Was ich mache ist alles noch ein bisschen rudimentär. Mir geht’s auch nicht um den perfekten Mix, aber ich  glaube, ich habe ein Gefühl für Instrumentierung und die einzelnen Elemente der Musik. Es  gibt halt auch so wenige weibliche Produzentinnen. Ich finde Produzieren einfach so geil, weil  das so eine Lücke ist und es macht mir einfach übel Bock. Deswegen wollte ich das mal  auschecken und mache das auch immer weiter.  


Dass du dich da in dieser Lücke ausprobierst, finde ich richtig nice und auch richtig wichtig. Einfach um zu zeigen, dass nicht nur Männer produzieren können! 

Deine Songs werden allgemein als sehr ehrlich beschrieben. Der Konsens ist mir auf der  Recherche zu diesem Interview immer wieder begegnet. Ich wollte wissen, wie viel von dir in  deinen Songs drinsteckt. Inwieweit sind deine Songs autobiographisch? 


Zu hundert Prozent. Alle haben einen wahren Kern und alle haben mit mir zu tun. Manche sind  viel näher an mir dran als andere aber alle Songs haben einen wahren Ursprung und sind etwas, was ich schon gefühlt oder gesehen habe. Das ist mir auch voll wichtig, dass ich da nicht  irgendwas schreibe, was nicht der Realität entspricht, weil ich das dann auch nicht so fühle.  Mein Weg Songs zu schreiben ist halt brachial ehrlich zu sein und zu schauen, was das  Ehrlichste und vielleicht das Härteste und Unangenehmste ist, was ich irgendwie aus meinem  Gehirn rausschmeißen kann. 



Du sprichst meiner Meinung nach viel über Themen, die vor allem in den Anfang 20-ern eine  richtig große Rolle spielen. Über Beziehungen, Selbstfindung auch Ziellosigkeit und die  Selbstzweifel, die da so oft aufkommen. Inwieweit kannst du durch deine Musik auf diese  vielen Fragen Antworten finden? 


Also ich glaube die Antwort liegt in diesem Fall gar nicht in der Antwort selbst. Die Antwort  liegt erstmals darin zu checken, dass es so ist, wie es ist und im drüber reden und drüber singen.  Das ist eigentlich meine Antwort. Jemand hat mal gesagt, dass meine Songs so aussichtslos 

sind, keine Antworten bieten und dass sie immer nur die schlimme Situation beschreiben und  keinen Ausweg zeigen. Für mich fühlt sich das aber gar nicht so an. Ich glaube allein das drüber  singen hilft mir und ist für mich schon die Antwort. Weil ich dann damit viel besser arbeiten  kann. Ich finde dadurch auch einen anderen Zugang zu mir selbst.  


Das verstehe ich sehr gut. Es ist dann nicht mehr alles nur im Kopf. Das führt mich zu deinem  Song „Ich“, der eigentlich genau das beinhaltet, wo wir gerade drüber gesprochen haben. Du  singst über eine Liste an Dingen, die du, beziehungsweise das Lyrische-Ich, gerne an sich  verändern würde. Was bedeutet der Song für dich und wie fühlt es sich an, sich in den eigenen  Songs so verletzlich zu zeigen? 


Das erfordert auf jeden Fall viel Mut. Ich hatte jetzt auch viele Live-Proben, weil ich ja auch  eine Tour spiele. Da performen wir den Song auch. Bis zum ersten Refrain sitze ich noch am  Klavier und kann mich dahinter verstecken. Aber danach gehe ich nach vorne und es fällt mir  wahnsinnig schwer diesen Song zuzulassen. Ich frag mich immer, was ich da eigentlich singe. 

Ich habe da Live immer so eine kleine Fassade, aber in der Session, als ich den Song gemacht  habe, war der Text auf jeden Fall sehr ernst gemeint.  


Ich habe auch gemerkt, dass du eine krasse Resonanz auf diesen Song hast. Viele Leute scheinen  sich dir auch zu öffnen. Wie ist das für dich und was löst das in dir aus? 


Ich find das voll schön zu sehen. Das Ding ist ja, dass man in solchen Situationen, in denen  man so fühlt, sich irgendwie allein fühlt. Man denkt, dass alle anderen viel toller sind und keiner einen mag. Aber wenn man da mal drüber redet, checkt man, dass jeder sich so fühlt. Egal in  welcher Position, egal wer, jeder kennt dieses Gefühl und das fand ich schön, dass Leute mit  diesem Song das Gefühl haben, dass sie mit diesen Gefühlen nicht allein sind. 



credits: Johannes Jäger


Gibt es etwas, was du deinem jüngeren Selbst aus deiner jetzigen Perspektive gerne sagen  würdest? 


Hm, da muss ich kurz drüber nachdenken. Vielleicht: Mach dir weniger Sorgen und vertrau dir  selbst. Allgemein sich um alles weniger Kopf machen. Am Ende wird das schon irgendwie und  es bringt auch nichts sich die ganze Zeit Sorgen zu machen. Schlussendlich kommt man damit  auch nicht weit. Vor allem, auch einfach sein eigenes Ding durchzuziehen. Ja! Sich selbst  vertrauen, auch wenn man unsicher ist. Also was den eigenen Lebensweg angeht. Wenn es jetzt  um Brot backen geht, würde ich schon anderen Leuten mehr vertrauen. Aber was den eigenen  Lebensweg angeht, sollte man sich immer an erster Stelle vertrauen, egal wie waghalsig das  erscheint. 


Du hast es vorher schon angeteasert. Du spielst im April deine erste eigene Tour. Wie fühlt sich  das an? Bist du aufgeregt? 


Das ist komplett verrückt! Ich hatte jetzt Proben dafür und es wird auf jeden Fall ein kompletter  Abriss. Wir haben es so gemacht, dass wenn ich selbst auf so ein Konzert gehen würde und  jemand würde mir das präsentieren, dann würde ich das richtig feiern. Wir spielen halt die  Songs nicht einfach so runter, sondern es ist musikalisch wirklich ausgecheckt. Mit Solis hier,  Solis da, Instrumental Parts und neuen Übergängen. Das wird auf jeden Fall richtig nice und ich freu mich total! 


Können wir außer der Tour dieses Jahr noch auf andere Neuigkeiten von dir hoffen?


Das ist eine Frage, die ich gerade noch nicht beantworten kann, aber es wird spannend das kann  ich sagen! 


Und zum Abschluss: Gibt es etwas, was du dir ganz persönlich von 2024 erhoffst? 


Das ist total cheesy, aber ich erhoffe mir von 2024 jeden Tag mit dem was ich mache sehr  glücklich zu sein. Dass ich nur Sachen mache, auf die ich Bock habe. Das ist mir persönlich  sehr wichtig. Es ist ja auch mein Leben, das soll schon Bock machen. Und ich möchte viel tolle  Musik machen. Und mich vor allem musikalisch weiterentwickeln. Das ist das, was am meisten  Bock macht, dass man so zurückblicken kann auf ein Jahr und sehen kann, wie man sich  weiterentwickelt hat. Und noch mehr zu produzieren, das wünsche ich mir. 

Wenn man sich PANTHAs bisheriges Werk so anschaut, dann scheint das Produzieren nur noch  die Kirsche auf der Sahnetorte ihrer Diskographie zu sein. Ich bin sehr gespannt, welche  Releases die Künstlerin noch bereithält. Einen Vorgeschmack bietet das kleine Geheimnis,  welches sie während des Interviews noch gehütet und inzwischen gelüftet hat: Am 12.04. ist  ihre neue EP “Galerie” erschienen, wo sie erneut ihr Talent, für schwer in Worte zu 

fassende Situationen, die richtigen zu finden, unter Beweis stellen wird.


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