Die Rapperin Shirin David veröffentlichte am 19.11.21 ihr zweites Album "Bitches brauchen Rap".
Groß angekündigt kam letzten Freitag nun endlich nach einer Verschiebung des Releases Shirin Davids zweites Album raus. Der Promo-Weg bis dahin war lang, laut und nicht zu übersehen in der Deutschrap-Szene. Trotzdem launchte die Rapperin mittendrin noch ihre eigene Marke „Dirtea“. Die Erwartungen an Bitches brauchen Rap waren hoch. Doch man kann es nicht anders sagen - die Erwartungen wurden übertroffen, wie selten im Deutschrap.
Die Beats von „Lieben wir“ „Ich darf das“ oder „Be a Hoe/Break a Hoe“ zeigten bereits, dass dieses Album musikalisch hohe Standards setzt. Allerdings sind in diesem Album die Lyrics ganz klar die Säulen, die das Konzept halten. In klassischer "started from the bottom now we're here" Attitüde erzählt Shirin David von ihrem Aufstieg in der Musikszene und paart die klassische Rap-Mentalität mit gesellschaftskritischen Standpunkten, die so deutlich nur von wenigen Rapperinnen ihrer Größe kommen. Bitches brauchen Rap ist kein für Streaming getrimmtes Album, welches eigentlich nur aus einzelnen Singles besteht. Shirin David möchte uns wirklich eine Geschichte erzählen und zwar ihre ganz eigene.
Das dies auf sicken Beats geschieht, scheint bei der 26-Jährigen selbstverständlich. Der Sound ist böse und drückt nach vorne. Keine sanften Pop-Töne, sondern harte Beats für die Bitches. Auch wenn es in den Songs „Bae“ oder „Heute nicht“ sanfter zur Sache geht. Die Kombination dieser beiden Soundwelten zeigt, wie komplex die Künstlerin Shirin David ist und welche Facetten eine Frau im Rap zeigen kann. Shirin und ihr Team bringen Lyrics ins Rapgame, wessen Referenzen in erster Line Frauen und Mädchen verstehen sollen. Popkulturelle Vergleiche von Thematiken, die früher belächelt und als „Mädchen-Ding“ abgestempelt wurde, sind nun Grundlage des rekordbrechenden Deutschrap-Albums.
Die Babsi Bars läuteten bereits Anfang des Jahres die neue Ära der Shirin David ein. Es geht um Inhalt. Die Lyrics voller scharfer Vergleiche und feministischen Positionierungen. So etwas hatte wohl keiner von der Rapperin gewartet. Die Rap-Welt stand kopf und schnell baute sich ein Shitstorm rund um die Thematik des Ghostwritings auf. Ja, Shirin hat ein Team, mit dem sie schreibt und nein, das mache andere Rapper nicht anders.
Alle woll'n zwar Realtalk face-to-face auf männlich (Okay) - Doch zwei Minuten „Babsi Bars“ und du fühlst dich offended (Ups)
Auf die volle Version der berühmt berüchtigten Basis Bars hatte viele gewartet. Jetzt ist der Snippet zum Intro geworden und setzt gleich mal den Ton für das gesamte Album.
Doch die Welle des unaufhörlichen Selbstbewusstseins wird schnell abgeflacht von einem Blick in die Realität von Shirins Leben. In Depressionen im Paradies erzählt von ihrer Kindheit in einfachen Verhältnissen und dem grellen Kontrast zu heute.
Vom Ansteh'n in der Schlange mit Mama vor dem Hartz-IV-Amt - Zu ich stell' Frau'n, die zwanzig Jahre älter sind, bei mir an
Depressionen im Paradies ist dabei ein kleiner Vorgeschmack auf den lyrischen Höhepunkt des Albums. Der letzte Song heißt Bramfeld Storys, ist 8:55 Minuten lang und beschreibt ihren Weg zum zweiten Album. Dabei lässt die Rapperin fast nichts aus.
Shirin David macht kein Geheimnis daraus, dass Nicki Minaj oder Kitty Kat ihre größten Inspirationen für ihre aktuelle Musik sind. So holt sich die Rapperin Kitty Kat einfach als Feature-Gast zur Seite und Nicki eröffnet mit einem Zitat den Song Last Bitch Standing. Besonders deutlich wird es im Song Man’s World. Der Track featured alle Frauen und Personen, die Shirin David in ihrem Denken, ihrer Musik, ihrem Auftreten beeinflusst und bestärkt haben. Die Liste reicht von Kamala Harris über Helene Fischer bis hin zu Kim Possible. In Man's World wird eine misogyne Gesellschaft aufgezeigt, die im Rap oft noch ausgeprägter und drastisch wirkt.
It's a man's world, die sich um Frauen dreht
Mit einem gemeinsamen Feature mit Shindy hätte wohl vor einigen Monaten noch keiner gerechnet. Doch der Streit wurde begraben und der Song NDA wurde geboren.
Und Shirin hat sogar das geschafft: Shindy zeigt sich ganz selbstironisch und gesteht „Hätte ich mal lieber NDAs“. Shirin beschreibt Umstände in der Musikszene, die den Kopf nicht mehr aufhören lassen zu sich schütteln. Dabei geht es um Situationen, die wir alle schon mal gehört und mindestens schon erahnt haben. Von Managern, die Frauen nichts zutrauen und Produzenten, die Künstlerinnen zu Love-Songs raten, um wirklich erfolgreich zu sein. Gleichzeitig die Rapper, die versuche, die Marke Shirin David mit unglaubwürdigen Screenshots zu verunreinigen. Aber die Rapperin hat ja zum Glück gute Anwälte:
Keine Storys, keine Fotos, keine Tapes - Bezzenberger klärt schon, check ma' deine Mails
Schlechtes Vorbild ist ebenfalls ein Song, der bereits vor Album-Release veröffentlicht wurde. Er handelt von einem 14-jährigen Mädchen, welches zur Rapperin aufschaut. In den Songs können sich wahrscheinlich viele weiblichen Personen rein fühlen. Das Wichtigste am Song ist jedoch, dass endlich die Sicht eines 14-jährigen Mädchens ernst genommen wird. Es geht nicht um Groupies oder misogyne Lines. Shirin David machen diesen Mädchen klar: Eure Meinungen, Sorgen und Interessen sind gleichwertig und wichtig.
Im Vergleich zum ersten Album SUPERSIZE hat man bei Bitches brauchen Rap das Gefühl, dass Shirin David endlich da angekommen ist, wo sie von Anfang an hin wollte.
Bitches brauchen Rap könnte ein kultureller Reset in der Rap-Szene sein. Das politische Positionieren von Rapper:innen war nie gefragter als jetzt und muss in Zukunft einfach dazugehören.
Doch die wichtigste Aussage am gesamten Album: Rap-Fans sind weiblich, selbstbestimmt und haben einfach richtig Bock auf guten Hip-Hop.
Ihr Vollidioten habt vergessen, was zu tun ist - Bitches brauchen Rap und ich gebe, du nicht
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